AUSSTELLUNG: „RESONANZ“
GALERIE MAURER FINE ART FRANKFURT
HORTENSE PISANO
» … plötzlich bewegt sich da etwas, kommt ins Fließen, entstehen Art Kippmomente«. (F. Walter)
Durch ein Fenster blicken wir in der Regel von innen nach außen. Das geöffnete Fenster dient der Wärmezufuhr, der Kühle, der Frische und es versorgt den Innenraum mit natürlichem Licht. Durch das Fenster entdecken wir die Welt zudem als Ausschnitt. Aufgrund dieser Blickkonstellation und Rahmung des Geschehens ist das Fenstermotiv in der Kunstgeschichte auch eine Metapher für das Bild selbst. Es markiert eine Schwelle zwischen Illusion und Realität, Vorstellung und Abbild, zwischen einem Innen und Außen. Der Wunsch der modernen Architektur nach fließenden Übergängen, nach mehr Leichtigkeit und funktionalen Bauelementen verhalf dem Fenster bekanntlich zu seinem Aufstieg als ein stilprägendes Material, das bis heute urba- nes Wohnen und Arbeiten prägt.
Friederike Walters aktuelle Bilder spiegeln auf eine faszinierende Weise die verschiedenen Facetten des Fensters wider: als Bildmotiv, als Blicköffnung und die Wahrnehmung als Ausschnitt. Wie schon in ihren früheren Arbeiten lässt uns die Malerin das Fenstermotiv zugleich auch als eine wichtige Schwelle zwischen Innen und Außen begreifen. Die Beschäftigung mit Lichtspiegelungen zieht sich nun gleichsam als eine Art roter Faden durch ihre Bilder. »Resonanz« ist daher der Titel ihrer Ausstellung in der Galerie Maurer. Die Künstlerin selbst sagt:
»Jedes Bild steht grundsätzlich für sich, hat sein eigenes Format, gleichzeitig kommunizieren die Bilder miteinander, entsteht ein vielstimmiger Klang«.
Der Titel kann synonym mit den Worten »Mitschwingen«, »Mittönen« oder »Nachklingen« übersetzen werden. Walters intensiv leuchtende »Farb-Licht- und Raumbilder« erzeugen in der Tat einen »Nachhall« im Auge. Aus fein aufgetragenen Farbschichten baut die Künstlerin ihre abstrakten Darstellungen auf. Schon der erste Farbauftrag mit roter Pigmentfarbe bestimmt die Bildkomposition aus helleren und dunkleren Farbflächen. In der Folge werden weitere Schichten in den Primärfarben Gelb oder Blau aufgetragen. Feine Nuancen zwischen den Farbflächen entstehen. Selbst die ersten Farbschichten leuchten beim Betrachten des Bildes noch aus dem Bildgrund hervor, die einzelnen Farben oszillieren unaufhörlich und erzeugen auf der Netzhaut des Auges eine Art Flimmern. Einmal mehr thematisiert Walter den Prozess des Sehens und löst die Darstellung von der Leinwand ab. Das eigentliche Bild entsteht erst in der Vorstellung des Betrachters.
Aus ihrem Archiv an gesammelten Fotografien und Zeitschriften hat sie die Vorlagen ausgewählt, um diese auf der Leinwand in expressive Farbräume zu transformieren, freilich in stark abstrahierter Form. Als wollte sie den Forderungen der modernen Architektur nach Durchlässigkeit nachkommen, malte die Künstlerin erstmals auch transparent wirkende Flächen auf die Leinwände (»Podest«, »Lichtfaltung«). Der Kontrast aus hellen und dunklen Farbflächen hat den Effekt, ein Verwirrspiel aus Bildvorder- und Hintergrund, aus Flächen und Raumtiefen entstehen zu lassen.
Walters Vorliebe für das Spiel mit der dreidimensionalen Raumvorstellung, die sich bei längerer Betrachtung als nicht greifbarer, als konstruierter virtueller Raum entpuppt, treibt die Künstlerin in den aus sich heraus leuchtenden Bildern weiter voran.
Jede dargestellte Raumsituation wird durch einen dunkler gemalten Außenrahmen eingefasst. Spätestens der gemalte Rahmen macht das Bild als Bild erkennbar. Die neuen farb- und formverdichteten Bilder von Friederike Walter bilden keine Wirklichkeit ab. Vielmehr rufen sie Reaktionen hervor, fordern zur Kommunikation auf, wollen Fragen stellen, ohne ihr Geheimnis aber ganz preiszugeben.
So bleibt es auch bei genauem Hinsehen ein Rätsel, woher die Lichtquelle stammt, die in dem Bild mit dem Titel »Verdrängung« die Oberfläche einer gemalten Fensterjalousie zum Leuchten bringt und entsprechend ihre Farbnuancen entfaltet. Der dunkle, ins Schwarze gehende Hintergrund lässt keinen Durchblick zu, suggeriert traumhaft eine Nachtsituation.
Anlässlich des bereits 30. „Saisonstarts Frankfurter Galerien“, zur Ausstellung von Malerin Friederike Walter in der Galerie Maurer, ist dieser Textbeitrag erschienen.
Weitere Informationen unter: https://www.galerie-maurer.com